An den Landtag Mecklenburg-Vorpommern Landtagsfraktionen SPD, CDU, Die Linke, BMV
Appell von Bürgermeistern an den Landtag Mecklenburg- Vorpommern
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Crivitz, den 19.05.2019
Sehr geehrte Damen und Herren,
seit mehreren Wochen demonstrieren wir auf der B 392 zwischen Wessin und Abzweig nach Barnin für ein Moratorium zum Stopp des Windkraftausbaus an Land bis zum Abschluss der Regionalplanung. Leider haben Sie die Chance, mit uns ins Gespräch zu kommen, nicht genutzt. Deshalb wählen wir nun diesen Weg. Sie sind sicherlich informiert, dass wir am vergangenen Freitag mit etwa 500 Beteiligten aus dem gesamten Bundesland in Schwerin demonstriert haben. Und um es vorweg ganz deutlich zu sagen: Wir sind für die notwendige Energiewende, für erneuerbare Energien und nicht gegen Windkraftanlagen.
In der Planungsregion Westmecklenburg endete die aktuelle Beteiligung zum Thema Energie am 10.05.2019. Diese wurde durch den Kreistag, die Kommunen und Bürgerinnen und Bürger sehr rege genutzt. Wieviel ist diese Beteiligung aber wert?
Die Regionalplanung ist per Gerichtsurteil aufgehoben. Da es für unsere Planungsregion noch keine abschließende Planung gibt, gilt das Baurecht mit der Privilegierung der Windkraftanlagen. Die Bürgerbeteiligung kann also nicht mehr berücksichtigt werden. Damit fühlen wir uns mehr als verschaukelt!
Wenn die Beteiligung der Bürger wirklich und ehrlich gewollt ist, geht es nur mit einem Moratorium für Windkraft, ein entsprechendes Gesetz wie z.B. in Schleswig-Holstein. Der Stand der Windräder wird bis zur vernünftigen weiteren Planung und Entscheidung eingefroren. Sind wir hier Menschen 2.Klasse?
In der Nähe von Windkraftanlagen hören wir von hohen gesundheitlichen Belastungen wie z.B. Schlagschatten, Infraschall, Beleuchtung und permanenten Flügellärm, verlieren Menschen ihre Altersvorsorge (regionale Banken sprechen von 50% bis hin zur Unverkäuflichkeit). Das macht krank, das ist Enteignung. Vom Zerstören der einzigartigen Landschaft und Natur ganz zu schweigen- wir sprechen über hohe bis sehr hohe Bewertungen an Rast- und Zugvogelgebieten, wertvolle Nahrungshabitate, die nicht adäquat ausgeglichen werden, wertvolle Böden mit Bodenpunkten um die 50 sind nur selten zu finden. Sie sollten nicht weiter versiegelt werden.
Durch den Trend der Versorgung gen Süden folgen weitere Zergliederungen durch mehr Strommasten und Freileitungen, denn schon jetzt wird deutlich, dass Erdverlegungen immer teurer zu sein scheinen und deshalb umgangen werden. Windräder stehen schon jetzt still, weil zuviel Strom produziert wird und die nötige Infrastruktur fehlt. Durch Repowering wird die Leistung pro Windrad noch einmal erhöht, der Abstand zur Wohnbebauung ändert sich aber nicht. Windräder in der Nähe von Wäldern stellen einen neue Gefahr dar, über die wir reden müssen.
Jede Gegend hat ihre Besonderheiten und die haben wir dem Regionalen Planungsverband mitgeteilt. Diese sollen in der Planung entsprechend Berücksichtigung finden. Für die lange Planungs- und Abwägungsphase sind wir allerdings nicht verantwortlich und lassen uns deshalb auch nicht den schwarzen Peter zuschieben.
Erneuerbare Energien ja, aber nur im Einklang mit Mensch und Natur, vor allem im Einklang mit den Menschen vor Ort. Es gibt derzeit keine Wertschöpfung vor Ort, wie suggeriert, sondern die Abschöpfung der Einwohner unseres Landes über die Stromkosten. Warum müssen wir hier die Durchleitungsgebühren zahlen? Sozial oder gerecht ist das nicht! Hier muss sich etwas ändern.
Sie können es ändern! Auf seiner Homepage hat der Landtagsabgeordnete der CDU Wolfgang Waldmüller zum Thema folgendes geschrieben: „Momentan haben die Bürger den Eindruck, dass über ihre Köpfe hinweg entschieden wird. Daher stehe ich dafür, dass Windkraft immer die Zustimmung der kommunalen Gremien benötigt. Der gesamte Ausbau muss dringend an die Entwicklung des Netzausbaues und der Speicherkapazitäten angepasst werden. Je höher die Windräder werden, desto weiter müssen sie von der Wohnbebauung entfernt stehen. … Ich möchte verhindern, dass die Bürger durch den unverhältnismäßigen Ausbau noch stärker belastet werden. …Engagement für einen sinnvollen Einsatz von Windenergie, frei von ideologischer Voreingenommenheit!“
In Schleswig-Holstein wurde am vergangenen Freitag das bestehende Moratorium verlängert, um der Planung dazu die notwendige Zeit zu geben. Neue Windanlagen dürfen bis Ende nächsten Jahres weiterhin nur mit Ausnahmegenehmigung gebaut werden. Dem Gesetzentwurf dort von CDU, Grünen und FDP stimmte auch die AfD zu.
Wir Bürgermeister machen uns große Sorgen um die Demokratie in unserem Land, wenn die kommunale Ebene immer wieder wie Bettler vor der Landesebene steht, um sich Gehör zu verschaffen, denn der Unmut ist inzwischen parteiübergreifend. Es ist uns und unseren Bürgerinnen und Bürgern bei einigen Landtagsabgeordneten von Ihnen einfach nicht gelungen, Ihnen unsere Situation verständlich zu machen. Es wird dann immer wieder das große imaginäre Ziel der Energiewende hochgehalten und die Betroffenen sollen sich gefälligst nicht so egoistisch anstellen. Schließlich ginge es hier um das Große und Ganze. Bei allen Bemühungen um die Stärkung des ländlichen Raums sorgen Sie gerade dafür, dass der Riss größer wird. Das können wir nicht zulassen! Dafür gehen wir auch weiter auf die Straße. Lesen Sie gern unsere Stellungnahmen und versuchen zu verstehen.
Eine vernünftige, ideologiefreie Lösung für unsere Menschen zu finden, ist machbar. Ein entsprechendes Gesetz, das Moratorium, sehr zeitnah zu beschließen ist möglich. Unser Landtag hat in der Vergangenheit bereits gezeigt, dass er Gesetze innerhalb einer Woche abschließend entscheidet.
Dieses Gesetz sollte folgende Regelungen treffen:
- Ein sofortiges Moratorium zum Stopp des Windkraftausbaus in MV bis zum Abschluss der aktuellen Fortschreibung der Regionalen Raumentwicklungsprogramme Kapitel Energie zu erlassen. Keine Genehmigung von Abweichungen nach § 5 Abs. 6 Landesplanungsgesetz M-V. Aussetzung aller Genehmigungsverfahren nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz zur Genehmigung von Windenergieanlagen nach § 16 Landesplanungsgesetz M-V.
- Start einer Gesetzesänderungsinitiative zur Abschaffung der Privilegierung von Windkraftanlagen nach § 35 Baugesetzbuch und Rückkehr zur Planungshoheit der Gemeinden. Die Länderöffnungsklausel soll wieder in das BauGB aufgenommen werden.
- Änderung der Anlage 3 der Richtlinie zum Zwecke der Neuaufstellung, Änderung und Ergänzung Regionaler Raumentwicklungsprogramme in Mecklenburg-Vorpommern vom 22.05.2012 „Hinweise zur Festlegung von Eignungsgebieten für Windenergieanlegen“ in Bezug auf:
– Rückkehr zur Mindestgröße der Windeignungsgebiete auf 70 ha,
– Rückkehr zu Mindestabständen zwischen den Eignungsgebieten auf 5 km
– Festlegung der Siedlungsabstände auf 1200 m zu geschlossenen Ortschaften
– Festlegung der Siedlungsabstände auf 1000 m zu Siedlungen im Außenbereich
– zusätzliche Aufnahme des Kriteriums zur Abstandsregelung der 10-fachen Höhe einer Anlage zur Bebauung
– Ausschluss der Abweichung von den Kriterien z.B. für Altgebiete (nur Bestandschutz) - Flächendeckende Kartierung des Landes zu den naturschutzrechtlichen Kriterien der Anlage 3
- Entlastung der Einwohner im Umkreis von 2,5 km Abstand zu bebauten Windeignungsgebieten (Abstand zwischen WEA 5 km, d.h. halbiert 2,5 km) von dem Anteil der EEG-Umlage im Strompreis, dieser ist durch den Anlagenbetreiber zu übernehmen.
- Die Einführung einer Grundsteuer W (Besteuerung von Windkraftanlagen nach installierter Leistung in der Standortgemeinde) zur direkten Teilhabe der betroffenen Kommunen, wie vom Freien Horizont vorgeschlagen, halten wir für denkbar. Beweisen Sie den Einwohnerinnen und Einwohnern unseres Landes, dass Sie ihre Sorgen und Anliegen ernst nehmen. Wir werden unseren Kampf für eine verträglichere Energiepolitik weiter fortsetzen und über Ihre Initiativen kontinuierlich informieren.
Mit freundlichen Grüßen
Britta Brusch-Gamm (Bürgermeisterin Crivitz- WEG 45/18)
Siegfried Zimmermann (Bürgermeister von Barnin- WEG 45/18)
Andreas Sturm (Bürgermeister von Friedrichsruhe- WEG 45/18)
Hans-Werner Wandschneider (Bürgermeister von Zapel- WEG 45/18)
Anke Gräber (Bürgermeisterin von Dümmer- WEG 12, 13, 14/18)
Karsten Grimm (Bürgermeister von Muchow- WEG 32/18)
Helmut Richter (Bürgermeister von Stralendorf- WEG 14/18)
Marianne Facklam (Bürgermeisterin von Holthusen- WEG 15/18,
Hartwig Schulz (Bürgermeister von Pampow- WEG 14, 15/18)
Heiko Weiß (Bürgermeister von Schossin- WEG 13/18)
sowie die Bürgerinitiativen des Aktionsbündnisses Freier Horizont
Antworten bitte per Email an crivitz@stadt-crivitz.de in Vertretung aller Obengenannten
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